Sieben Tipps, um nicht binäre Figuren zu schreiben

Sieben Tipps, um nicht binäre Figuren zu schreiben

Nichtbinäre Figuren zu schreiben, kann aus verschiedenen Gründen eine Herausforderung für Autoren sein. Wie alle queeren Identitäten gibt es auch bei Enbys keine monolithische Erfahrung. Jeder erlebt seine Geschlechtsidentität anders. Zudem gibt es in den Medien wenige gute Vorbilder. Damit du als Autor besser zurechtkommst, habe ich sieben Tipps gesammelt, um nichtbinäre Figuren in Büchern zu schreiben.

Entscheide dich für Pronomen

Viele nichtbinäre Menschen benutzen nicht binäre Pronomen. Im englischen Sprachbereich ist es üblich, „they/them/their“ im Singular zu verwenden. Das Deutsche bietet so eine Möglichkeit leider nicht. Daraus ergeben sich in der Buchbranche Probleme, beispielsweise bei Übersetzungen. Aus dem „they“, mit dem nichtbinäre Figuren bezeichnet werden, machen Übersetzer oft „er“ oder „sie“, je nachdem, für was sie die Figur halten. 

Trotzdem gibt es Optionen, die von Enbys im deutschen Sprachraum genutzt werden. Manche Menschen greifen trotzdem auf die englische Variante zurück. Eine hilfreiche Liste mit in Deutschland üblichen Optionen findest du hier.

Letztlich gibt es aber keine dem Duden offiziell entsprechende Schreibweise. Gerade, wenn du noch nie eine nichtbinäre Figur geschrieben hast, bietet es sich an, mit verschiedenen Varianten zu experimentieren. Finde heraus, was sich in deinem Schreibfluss und für deine Figur natürlich anfühlt, und bleibe bei diesen Pronomen für diese Figur. Für eine andere Geschichte kannst du dann neue Pronomen verwenden. 

Am Anfang braucht es etwas Übung, aber man gewöhnt sich daran. Und das Schreiben ist eine Kunst. Es gehört dazu, immer Neues zu lernen! 

Wähle eine spezifische nichtbinäre Identität

„Nichtbinär“ ist ein Überbegriff für verschiedene Identitäten. Darunter fallen beispielsweise gender fluid, gender flux, genderqueer und viele andere. Wähle eine oder maximal zwei spezifische Identitäten für deine Figur. Das erleichtert dir die Recherche für deine Figur, gerade, wenn du selbst dich einem binären Geschlecht zugehörig fühlst. Denn Geschlechtsidentität kann komplex sein. Viele nichtbinäre Menschen fühlen sich mehreren Identitäten zugehörig, schwanken in ihrer Selbstidentifikation oder wollen generell keine Labels wählen. 

Diese Optionen sind natürlich absolut valide sind und nichtbinäre Menschen können sie in ihren Geschichten umsetzen. Für Außenstehende ist es jedoch einfacher, sich einen spezifischen Rahmen zu setzen. Überlasse die komplexere Auseinandersetzung mit nichtbinären Identitäten nichtbinären Schreibenden. 

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Stecke deine Figur nicht in ein binäres System

Stecke deine Figur nicht in ein binäres System

Pronomen für deine nichtbinäre Figur auszuwählen, ist ein Schritt, ihre Identität klarzumachen. Jedoch musst du auch bei ihrer Beschreibung darauf achten, nicht in binäre Kategorien zu verfallen. Das geht schneller, als man meinen würde, beispielsweise, wenn du Figuren beschreibst. Bestimmte Adjektive sind Geschlechtern zugeschreiben. Beispielsweise würdest du einen Mann eher nicht ‚kurvig‘ nennen. Achte auf solche Marker in deinem Text. Selbst wenn du weißt, welches Geschlecht deine Figuren bei der Geburt zugeschrieben wurde, tut das nichts zur Sache. Sie sind nichtbinär, mehr müssen Leser nicht wissen. Als Lektorin helfe ich dir, auf solche Hinweise zu achten und sie durch neutrale Alternativen zu ersetzen.

Nichtbinär heißt nicht 'männlich light'

Nichtbinär heißt nicht ‘männlich light’

Die westliche Gesellschaft setzt “Geschlechtslosigkeit” mit Männlichkeit gleich. So ist beispielsweise „der Mensch“ ein männliches Konzept – unabhängig vom grammatischen Geschlecht. Das führt dazu, das nichtbinäre Figuren als „Männer delight“ dargestellt werden. Sie tragen Männerkleidung, haben kurze Haare, geben sich eher „männlich“.

Das entspricht jedoch nicht der Lebenswelt aller nichtbinären Menschen. Lasse deine nichtbinären Figuren deshalb vielfältig sein. Sie können Kleider und Make-Up tragen und am nächsten Tag Baggy Jeans. Das kann von ihrer Geschlechtswahrnehmung abhängen und wie wohl sie sich damit fühlen, von außen auf bestimmte Art wahrgenommen zu werden. Oder sie bevorzugen einen bestimmten Stil, der ganz unabhängig ist von ihrem Geschlecht.


Recherchiere nicht binäre Identitäten

Recherchiere nichtbinäre Identitäten

Lies Bücher nichtbinärer Menschen, sowohl Fiction als auch non-Fiction. Recherchiere in Blogs, Zeitschriften und YouTube Videos, wie sie ihre Lebenserfahrungen beschreiben. Folge nichtbinären Menschen auf den Sozialen Medien. Achte bei der Kommunikation darauf, niemanden als wandelndes Lexikon zu benutzen. Nur, weil nichtbinäre Personen ihre Identität öffentlich machen, heißt das nicht, dass sie deine Fragen beantworten müssen. Sie haben eigene Leben und vielleicht keine Zeit oder Lust, kostenlose Interviews anzubieten. 

Falls jemand mit dir spricht, sei respektvoll. Frage nicht nach dem bei der Geburt zugeteilten Geschlecht oder toten Namen. Sprich nicht über Sexleben und Genitalien. Dazu gibt es wissenschaftliche Arbeiten oder Blogartikel. Fremde im Internet danach zu fragen, ist übergriffig und steht dir auch im Sinne realistischer literarischer Darstellung nicht zu. 

Nichtbinäre Figuren in romantischen Geschichten 

Dass du wildfremde nichtbinäre Menschen  nicht nach ihrem Sexleben fragen solltest, heißt natürlich nicht, dass deine nichtbinäre Figur keine sexuellen und romantischen Erfahrungen machen kann. Achte dabei aber auf ein paar Dinge. 

Der Partner deiner nichtbinären Figur sollte ihre Identität respektieren. Wenn der Love Interest deiner Figur vorher nur Männer oder nur Frauen gedatet hat, kann das andeuten, dass er oder sie die nichtbinäre Figur als das bevorzugte binäre Geschlecht wahrnimmt. Außerdem kann es deinen Lesern unbewusst suggerieren, dass die Enby-Figur eigentlich das Geschlecht der bisherigen Partner hat oder es they bei der Geburt zugewiesen wurde. 

Eine Möglichkeit, das zu umgehen, ist den Love Interest bi- oder pansexuell sein zu lassen. Natürlich heißt das nicht, dass im wahren Leben nur solche Beziehungen funktionieren können. Aber für dich und deine Leser kann es so leichter sein, die nichtbinäre Figur nicht unbewusst doch in eine Kategorie zu verweisen. Hole dir am besten Hilfe von Sensitivity Readern und nichtbinäre Testleser, um Stolperfallen zu umgehen. 

Geschlechtlich codierte Räume

Nicht nur im Umgang mit romantischen Partnern können sich soziale Erwartungen an das Geschlecht deiner nichtbinären Figur bilden. Wie ein nichtbinärer Mensch sich ausdrückt und wie wohl they sich fühlt, kann schwanken. Unter anderem kann das vom Ort abhängen. Beispielsweise fühlen viele Enbys sich unwohl in öffentlichen Umkleiden, am Pool oder Strand. Grund ist etwa in Umkleiden die Festlegung auf ein Geschlecht sowie die binäre Wahrnehmung des eigenen Körpers durch andere. Beachte diese Gefühle, wenn du deine nichtbinäre Figur in solchen Räumen schreibst oder they anderweitig their Körper zeigt.

Nicht binäre Figuren in Romanen

Nichtbinäre Figuren in Romanen

Nichtbinäre Figuren werden in Büchern und Serien oft als nicht menschlich dargestellt. Sie sind häufig echsenähnlich, wie beispielsweise Double Trouble aus She Ra. Das solltest du vermeiden. Auch Roboter oder pflanzenähnliche Lebensformen müssen deine nichtbinären Figuren nicht sein. Dasselbe gilt für asexuelle Figuren – dazu habe ich hier mehr geschrieben. 

Wenn du diese sieben Tipps beachtest, bist du auf einem guten Weg, nichtbinäre Figuren in deinem Buch angemessen zu schreiben. Trotzdem solltest du mit Testlesern und Sensitivity Readern arbeiten, um Fehler zu vermeiden. Ich bin selbst nicht Teil dieser Community, weshalb ich dir als Lektorin nur Anhaltspunkte geben kann. Im Lektorat kann ich dir aber helfen, gröbere Fehler zu vermeiden. Schicke mir dafür gerne dein Manuskript über das Kontaktformular.